DENKSCHRIFT DES EGERER LANDTAGES

zur staatsrechtlichen Sonderstellung des Egerlandes

und

zur Wahrung der Eigentumsrechte seiner Vertriebenen

Der "Egerer Landtag e. V.", Heimatverband für den ehemaligen Stadt- und Landkreis Eger, der sich zusammensetzt aus frei gewählten Bürgern der Stadt Eger, des Bezirkes Eger und deren Nachkommen, nimmt in dem bewegten Jahr 1991, in welchem sich die Verhältnisse in Deutschland und den im Osten angrenzenden Staaten grundlegend gewandelt haben, zur Lage des historischen Egerlandes wie folgt Stellung:

Seit Beginn des 11. Jahrhunderts bis zur Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Egerland von einer rein deutschen Bevölkerung besiedelt und bewohnt.
Das Egerland war Reichsland, als in dieser Region die Markgrafen aus den Geschlechtern der Amerdalen und der Vohburger herrschten. Die Burg von Eger war schon Reichspfalz, als 1146 Kaiser Friedrich Barbarossa aus dem Geschlecht der Hohenstaufen dort seine Hochzeit mit der Vohburgerin Adela vollzog.
Eger war Reichsstadt, als dieser Kaiser 1179 hier seinen letzten Reichstag abhielt und zu seinem letzten Kreuzzug in das heilige Land aufbrach.
Das Land blieb von Deutschen besiedelt, als 1265 der böhmische König Ottokar versuchte, die "Regio Egere" vom Reiche loszureißen. Diese Region blieb Reichsland, als Kaiser Rudolf von Habsburg den Böhmenkönig zwang, unserer Heimat dem Reich zurückzugeben.

Als freie Reichstadt erhielt Eger im Jahre 1279 das Stadtrecht. Auch als 1322 das Egerland von dem König und späteren Kaiser Ludwig den Baiern an den Böhmenkönig Johann von Luxemburg verpfändet wurde, blieb die Bevölkerung deutsch.
Von ebendemselben Böhmenkönig Johann wurde ausdrücklich der Stadt und dem Land Eger bestätigt, daß sie auf "Reichischem Grund und Boden" liegen.
Diese Bestätigung galt als die staatsrechtliche Grundlage der Sonderstellung Egers zu den Ländern der böhmischen Krone.
An dieser Sonderstellung wurde von den Egerern stets als Norm ihrer Haltung gegenüber der Krone Böhmens festgehalten.
Die Stände des Egerlandes bildeten den Egerer Landtag und dieser wurde der Repräsentant gegenüber den Regenten.
Egerer Landtage fanden nachweisbar bis zum Jahre 1748 statt. Niemals sandten die Egerer Vertreter zum böhmischen Landtag. 1501 erklärte Böhmenkönig Wladislaw ausdrücklich in einem Brief an den Egerer Magistrat, daß das Egerland "außer der Cron Böheimb gelegen" sei.
Unter Kaiser Ferdinand II. widersetzten sich die Egerer erfolgreich dem Versuch, die Bedeutung der Egerer Privilegien einzuschränken. Kaiser Maximilian II. beauftragte 1571 die Prager Stadthalterei, "der Stadt Eger vorigem Brauch nach nur in deutscher Sprach" zu schreiben.
Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges erscheint der Name unserer Stadt unter anderem in den Friedensverhandlungen zu Münster und Osnabrück in zwei Artikeln.Es heißt in Artikel I: "Vor allem ist zu beobachten, daß viele bishero dafür gehalten, es seye die Stadt Eger im Königreich Böheimb gelegen und demselben zugehörig, was aber ganz irrig ist, sintemalen selbige auf des Heiligen Römischen Reich Grund und Boden aufgebaut ist ..." In Artikel X liest man: "Ist nun der Cron Böheimb des territorium der Stadt Eger nicht überlassen worden, sondern solches (territorium) cum omnibus regalibus et privilegiis erst bemelter Statt unverrückt geblieben, ..."
Die Anerkennung des Egerlandes als selbständiges Gebiet fand auch in der zu Beginn des 18. Jahrhunderts erstellten Karte des kaiserlichen Ingenieur-Hauptmannes Johann Christoph Müller ihren Niederschlag, "daß die auf Hl. röm. Reiches Grund und Boden liegende Stadt und Bezirk ... als ein besonderes Gebiet durch eigenen Markierung ersichtlich gemacht wurde."
Die Stadt Eger besaß eigenes Münzrecht, Stempelrecht und Zollrecht. Keine Stadt in Eger konnte sich solcher Privilegien rühmen. Die formale Anerkennung dieser Vorrechte erfolgte teilweise sogar noch durch den tschechoslowakischen Staat bis zum Jahre 1938. erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann gegen den Willen des Egerer Landtages und des Rates der Stadt Eger der allmähliche Abbau der Sonderrechte durch die "Böhmische Hofkanzlei zu Wien". Es waren widerrechtliche Eingriffe in die verbrieften Rechte.
Die allmähliche Einverleibung des Egerlandes in das Land Böhmen erfolgte zwar faktisch, aber niemals rechtlich. Es gibt keinen staatsrechtlichen Akt, durch den das Egerland in das Königreich Böhmen eingegliedert worden wäre. Selbst der tschechische Landeshistoriker Franz Palacky bestätigte 1847 dem Egerer Magistrat, daß "von einem besonderen Incorporationsakte der Stadt und des Bezirkes Eger nichts bekannt sei."
In den Friedensverhandlungen von Versailles, St. Germain und Sevres kam die von Egerern verfaßte (und später auch dem Staatspräsidenten Masaryk vorgelegte) Denkschrift "Die staatsrechtliche Stellung des Egerlandes" nicht zur Sprache.
Über Jahrhunderte traten in Prag, in Wien, im tschechoslowakischen Parlament Egerer Abgeordnete für die Wahrung der alten Rechte ein. Kulturell blieb das Egerland dem Bayerischen Nordgau verbunden.
1922 wandten sich die Bürger der Egerländer Städte und Gemeinden an den Völkerbund, um für ihre Region das freie Selbstbestimmungsrecht zu fordern. Eine Antwort erfolgte nicht.
Trauriger Höhepunkt der Geschichte war die nach dem Kriegsende 1945 erfolgte Vertreibung der Egerländer aus ihrer angestammten Heimat.

Aber schon 1949 faßten bei dem ersten Treffen der Heimatvertriebenen aus Stadt und Land Eger in Rothenburg o.d.T. die ehemals frei gewählten Bürgermeister, die Landes-, Bezirks- und Gemeindevertreter, nach alter Tradition zum "Egerer Landtag" zusammengeschlossen, aufgrund des Selbstbestimmungsrechts der Völker eine Entschließung, die die grundsätzliche Bereinigung der staatsrechtlichen Verhältnisse ihres Heimatgebietes zum Ziel hatte.
Auf dieser Entschließung fußend und erneut auf die geschichtlichen Tatsachen verweisend, stellt der "Egerer Landtag e.V.", als die demokratisch und frei gewählte Vertretung der Egerländer auch in diesem Jahr 1991 fest:

Die Egerländer bekennen sich zur Schicksalsgemeinschaft der Sudetendeutschen und fordern das historische Recht auf den Besitz ihrer Heimat.
Wie die übrigen Sudetendeutschen und die anderen Vertriebenen stehen auch die Egerländer zu der im Jahre 1950 in Stuttgart beschlossenen "Charta der Vertriebenen".
Die Möglichkeit, im Rahmen der demokratischen Entwicklung in der Tschechoslowakei zu einer Klärung der gemeinsamen Vergangenheit zu kommen, soll genutzt werden.
Von der Regierung der CSFR wird ein Angebot zur Lösung der sudetendeutschen Frage, insbesondere im Eingehen auf die historisch verbrieften Rechte des Egerlandes erwartet.
Die Eigentumsrechte in der alten Heimat müssen - soweit noch möglich - wieder hergestellt werden und ein Wiedergutmachung geschehenen Unrechts erörtert und durchgeführt werden.

Daher verwahren wir uns gegen die in der letzten Zeit von der Regierung der CSFR beschleunigt eingeleiteten Verkaufsaktionen unseres Eigentums.

Für alle Egerländer bleibt das friedliche Zusammenleben der benachbarten Volksgruppen in einer freien demokratischen Gemeinschaft das angestrebte Ziel.

Der Gesamtvorstand
des Egerer Landtages

Amberg, den 15. Juni 1991

Prof. Dr. Lorenz Schreiner, Vorsitzender

Carolus Brisko Adolf Fischer Dr. Hermann Braun
Rosemarie Kraft Erich Werner Dr. Helmut Fischer
Bruno Fitzthum Karlheinz Marr Dr. Friedrich Karg
Karl Putz Dr. Helmut Diterich Mimi Markones
Hans Eibl Dr. Herbert Fleißner Dr. Paul Friedrich
Erna Haist Roland Fischer Heribert Arnold