Potsdamer Protokoll

Erklärung der drei alliierten Großmächte1 , 2. August 1945

Vertreibungsbeschluß

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Artikel XIII: Ordnungsgemäße Überführung (transfer) deutscher Bevölkerungsteile

Die Konferenz erzielte folgendes Abkommen über die Entfernung (removal) Deutscher aus Polen2, der Tschechoslowakei und Ungarn3:

Die drei Regierungen haben die Frage unter allen Gesichtspunkten beraten und erkennen an, daß die Überführung der deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland durchgeführt werden muß. Sie stimmen darin überein, daß jede derartige Überführung, die stattfinden wird, in ordnungsgemäßer und humaner Weise erfolgen soll.

Da der Zustrom einer großen Zahl Deutscher nach Deutschland die Lasten vergrößern würde, die bereits auf den Besatzungsbehörden ruhen, halten sie es für wünschenswert, daß der Alliierte Kontrollrat in Deutschland zunächst das Problem unter besonderer Berücksichtigung der Frage einer gerechten Verteilung dieser Deutschen auf die einzelnen Besatzungszonen prüfen soll. Sie beauftragen demgemäß ihre jeweiligen Vertreter beim Kontrollrat, ihren Regierungen so bald wie möglich über den Umfang zu berichten, in dem derartige Personen schon aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn nach Deutschland gekommen sind, und eine Schätzung über Zeitpunkt und Ausmaß vorzulegen, zu dem die weiteren Überführungen durchgeführt werden könnten, wobei die gegenwärtige Lage in Deutschland zu berücksichtigen ist.

Die Tschechoslowakische Regierung, die Polnische Provisorische Regierung und der <Alliierte> Kontrollrat in Ungarn werden gleichzeitig von obigem in Kenntnis gesetzt und ersucht werden, inzwischen weitere Vertreibungen (expulsions) der deutschen Bevölkerung einzustellen, bis die betroffenen Regierungen die Berichte ihrer Vertreter an den Kontrollausschuß geprüft haben.

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1 Großbritannien (vertreten durch Winston Churchill, ab 29. 7. Clement Attlee), die UdSSR (Josef W. Stalin) und die USA (Harry S. Truman).

Die französische Regierung erklärte am 7. 8. 1945 u.a.:

"Bei der Komplexität des Problems ist die französische Regierung, der die wesentlichen Tatsachen noch nicht zur Kenntnis gebracht worden sind, gegenwärtig nicht in der Lage, zu dieser Frage eine endgültige Stellungnahme abzugeben."

2 Die Ausweisung sollte auch die Deutschen der Ostprovinzen des Deutschen Reichs und Danzigs, d. h. der sog. Oder-Neiße-Gebiete betreffen, die Polen bzw. der UdSSR lt. gleichem Potsdamer Protokoll (Ziff. VI, IX-B) nur zur Verwaltung übergeben wurden.

3 a) Die Ausweisung umfaßte (neben zahlreichen Deutschen aus Jugoslawien) rd. 200.000 der über 600.000 Ungarndeutschen.

b) Im Gegensatz zur Regierung der Tschechoslowakei, welche die Vertreibung der Deutschen bei den Alliierten verlangte und aktiv betrieb, kam die ungarische Regierung nur zögerlich dem Druck der sowjetischen Besatzungsmacht nach, Deutsche zu vertreiben.

c) Die ungarische moralische Position wird auch durch andere Vorgänge charakterisiert, die auf tschechischer und polnischer Seite keine Parallele fanden:

Laut FAZ vom 10. 4. 1996, S.6: Am 8. 1. 1946 protestierte der katholische Bischof von Székesfehérvár (Stuhlweißenburg), Lajos Shvoj, bei der ungarischen und der US-Regierung gegen die gewaltsame Aussiedlung von Deutschen aus seiner Diözese.

Quelle:

Habel, Fritz Peter: Dokumente zur Sudetenfrage, München 2003