Vertrag "Über Staatsangehörigkeit- und Optionsfragen" zwischen dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakischen Republik vom 20. November 1938 (Auszüge)

(Ergänzung zum Münchner Abkommen, 29. September 1938)

§11

Diejenigen tschechoslowakischen Staatsangehörigen, die am 10. Oktober 1938 ihren Wohnsitz in einer mit dem Deutschen Reich vereinigten Gemeinde gehabt haben, erwerben unter Verlust der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit mit Wirkung vom 10. Oktober 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie a) vor dem 1. Januar 1910 in dem mit dem deutschen Reich vereinigten Gebiet geboren sind oder b) die deutsche Staatsangehörigkeit mit dem 10. Januar 1920 verloren haben oder c) Kinder oder Enkelkinder einer Person sind, auf die die Voraussetzungen der Buchsteben a oder b zutreffen, oder d) Ehefrauen von Personen sind, auf die die Voraussetzungen der Buchstaben a, b, oder c zutreffen.

Tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit, die am 10. Oktober 1938 ihren Wohnsitz außerhalb des früheren tschechoslowakischen Staatsgebiets gehabt haben, erwerben unter Verlust der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit mit Wirkung vom 10. Oktober 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie am 10. Oktober 1938 das Heimatrecht in einer mit dem Deutschen Reich vereinten Gemeinde besessen haben.

Eine Ehefrau erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit nicht, wenn sie ihr Mann nicht erwirbt.

§2

Die Deutsche Regierung kann bis zum 10. Juli 1939 das Verlangen stellen, daß Personen nichtdeutscher Volkszugehörigkeit, die nach den Bestimmungen dieses Vertrages tschechoslowakische Staatsangehörige bleiben und seit dem 1. Januar 1910 in das mit dem Deutschen Reich vereinte Gebiet zugezogen sind, sowie ihre die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit besitzenden Abkömmlinge das Deutsche Reich innerhalb einer Frist von drei Monaten verlassen. Die Tschechoslowakische Regierung wird diese Personen in ihr Gebiet aufnehmen.

Die Tschechoslowakische Regierung kann bis zum 10. Juli 1939 das Verlangen stellen, daß Personen deutscher Volkszugehörigkeit, die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Vertrages tschechoslowakische Staatsangehörige sind und seit dem 1. Januar 1910 in das jetzige Gebiet der Tschechoslowakischen Republik zugezogen sind, sowie ihre Abkömmlinge die Tschechoslowakische Republik innerhalb einer Frist von drei Monaten verlassen. Diese Personen verlieren damit die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit; die Deutsche Regierung wird sie in ihr Gebiet aufnehmen...

§122

Personen, die das Gebiet des Deutschen Reiches oder der Tschechoslowakischen Republik verlassen müssen, weil dieses Verlangen auf Grund des §2 gestellt worden ist, sowie Optanten, die bis zum 31. März 1940 ihren Wohnsitz in denjenigen Staat verlegen, für den sie optiert haben, dürfen das gesamte bewegliche Gut, das sie am Tag der Unterzeichnung dieses Vertrags besessen haben, mitnehmen und brauchen keine Abgaben hierfür entrichten. Ausgenommen hierfür sind bares Geld, Wertpapiere und Sammlungen, die für das Ausfuhrland von besonderer historischer oder kultureller Bedeutung sind; die Behandlung dieser Sachen bleibt einer besonderen Vereinbarung vorbehalten.

1 Der Zwang zum Wohnsitzwechsel ist für diesen Personenkreis ausgeschlossen.

2 Damit ist die Behauptung tschechischer Kreise widerlegt, daß Tschechen nach dem Münchner Abkommen aus dem jetzt andersnationalen Gebiet ohne Mitnahme ihrer Habe vertrieben wurden.

 

Vereinbarung zwischen der Deutschen und der Tschecho-Slowakischen Regierung "Über die Wiederaushändigung zurückgelassener Wohnungseinrichtungen und persönlicher Gebrauchsgegenstände" 2 vom 23. November 1938 (Auszüge)

Der reichsdeutschen und der tschechoslowakischen Regierung war klar, daß in den chaotischen Tagen nach dem Münchner Abkommen Tschechen und Sudetendeutsche überstürzt ihren Wohnort unter Zurücklassung ihres Eigentums verlassen hatten. Deswegen legten beide Regierungen das Nachholen des beweglichen Besitzes in der genannten Vereinbarung fest.

Dort ist zu lesen:

1. Personen, die im Zusammenhang mit den politischen Ereignissen der letzten Wochen unter Zurücklassung beweglichen Eigentums ihren Wohnsitz oder Aufenthaltsort aus dem Deutschen Reich in die Tschecho-Slowakei oder aus der Tschecho-Slowakei in das Deutsche Reich verlegt haben, können ihr zurückgelassenes bewegliches Eigentum nach ihrem jetzigen Wohn- bzw. Aufenthaltsort abbefördern. Es ist wünschenswert, daß die Abbeförderung möglichst beschleunigt wird.

Im 2. Punkt erfolgt die Aufschlüsselung des abzubefördernden Eigentums (Wohnungseinrichtung, Kleider, Wäsche etc., zur Berufsausübung nötige Gegenstände), Antiquitäten nach Sondergenehmigung, Ausschluß von Bargeld und Wertpapieren.

Punkt 3 beinhaltet die Gewährleistung beider Regierungen über die Sicherstellung des zurückgelassenen Eigentums bis zum Abtransport.

2 Siehe oben

(Siehe auch unter: Eine politische Legende)

Quelle:

Habel, Fritz Peter: Dokumente zur Sudetenfrage, München 2003