Der Beginn der Egerer Zeitung: Egerer Anzeiger
(Hermann Stock)

 

Am Freitag, den 25. Juni 1847 erschien die erste Ausgabe des "Egerer Anzeigers" - später in "Egerer Zeitung" umbenannt - mit dem Untertitel "Wochenschrift für gemeinnützige Interessen", dementsprechend gab es also jede Woche nur eine Ausgabe von der Größe eines halben Bogens, das sind zwei Blätter im Format der heutigen "Egerer Zeitung" des Egerer Landtages, es war also nicht die uns gewohnte äußere Erscheinung einer Tageszeitung.

Aufbau der Zeitung
Wie die erste Ausgabe blieb die inhaltliche Gestaltung der übrigen Ausgaben im ersten Jahr stets gleich. Die Titelseite und ein Teil der zweiten Seite werden in der Regel eingenommen von Sagen oder Erzählungen; so in No 1 bis 3:"Die Gründung des Michaeli- oder Karrner-Kirchleins in Eger - Sage aus der Vorzeit"; ab No 4 bis 7: "Der Christ und die Jüdin - Erzählung aus dem vierzehnten Jahrhunderte" von F. J. Sch-tz; in Nr. 8/9: "Die Feier des St. Vincenzi-Festes in Eger" von Jos. Trzeschtik; Nr. 10 - 14: "Die verhängnisvolle Brautfahrt" , Egerland-Sage von C. A.J.; von demselben Autor folgt "Der Brautraub - Erzählung aus den Zeiten des Faustrechts" in 15 - 20; "Dreifache Prophezeiung - Egerlands-Sage" von E. A. J. in 21 - 25; "Die Sprudelquelle bei Hartessenreuth - Sage aus dem Egerlande" erzählt von Adam Wolf füllt die letzten Ausgaben 26 und 27; die erste Seite der Ausgabe des 31.12. wird eingenommen von einem gereimten Neujahrswunsch des Verlegers und dem Beginn einer Erzählung von L...r "Sylvesternachtstraum", die dann auf der zweiten Seite fortgesetzt wird.

Es folgen dann auf den Seiten 2 und 3 fast stets die Rubriken "Gemeinnütziges" (z.B. "Vertilgung der Feldmäuse" - '''Wie man die Wolle und das Pelzwerk gegen Motten bewahren kann" ...) ; "Tagesneuigkeit" (z.B. die Zahl der Kurgäste in Franzensbad"; "Kundmachung" vom Magistrat der königl. Stadt Eger oder eines anderen Amtes); "Dienstgesuche", "Verkäufe" und "Vermiethungen"; immer wieder auch die "Egerer Getreide-Durchschnittspreise" und gewöhnlich zuletzt die Rubrik "Verstorbene in Eger".

Bäderberichte
Schon in wirtschaftlicher Hinsicht war der Besuch von Franzensbad und auch von Marienbad wohl von großem Interesse, aber dadurch kam auch die "große Welt" in die etwas abgelegene Provinz. So wird schon in der ersten Ausgabe vermeldet, daß am 25. Juni 1847 1035 Kurgäste in Franzensbad sich aufhielten.Auch in der zweiten Ausgabe vom 2. Juli steht das Kurbad im Vordergrund: Erzherzog Stefan wird willkommen geheißen; unter den 988 Kurgästen befanden sich auch die Königin von Bayern und an besonders Promintenten Spontini und Meyerbeer.

No. 3 bringt den Badebericht von Marienbad, wo sich 1281 Personen aufhielten.

In Nr 6 heißt es von Franzensbad: "Die Erwartung, daß unserem Kurorte für das Jahr 1847 eine glänzende Saison bevorstehe, hat sich vollkommen bestätigt - ... Ihre Majestät die Königinn von Baiern und Prinzessin Alexandra, ..., und Se. kaiserliche Hoheit der Erzherzog Stephan erscheinen täglich an den Gesundbrunnen und erfreuen sich des besten Wohlseyns .."

Für den 26. August konnte Erzherzog Leopold angekündigt werden, der beabsichtigte, im Hotel "Zur böhmischen Krone" Quartier zu nehmen.

In Nr. 19 vom 29. Oktober folgt der endgültige Bericht für Franzensbad für das Jahr 1847: Die Gesamtzahl der Fremden waren 2060 Parteien mit 3235 Person, wobei man eine Steigerung zum Vorjahre vermelden konnte; es waren anwesend eine regierende Königin, 1 königliche Prinzessin, 2 regierende Herzöge, 5 Erzherzöge, 2 Erbgroßherzöge, 7 Fürsten und Fürstinnen, 69 Grafen und Gräfinnen, 228 Barone und andere Adelige, 179 Staatsbeamte, 90 Offiziere, 67 Doktoren (Med. u Juris), 39 Geistliche, 16 Literaten und Künstler; der übrige Teil waren Gutsbesitzer, Private, viele Kaufleute und wenige Bürger.

Historische Berichte
Fast in jeder Ausgabe findet sich ein ein historischer Rückblick; in Nr. 2 führt er in das Jahr 1647, in dem nach 28tägiger Belagerung durch die Schweden diesen die Stadt übergeben wird; es wird vermeldet, daß während des kriegerischen Ereignisses 9142 Kanonenschüsse auf die Stadt abgegeben worden seien, außerdem 253 Granaten, 562 Feuerkugeln und 1278 Steinwürfe die Stadt trafen; 10 Bürger seien erschossen, 45 "blessiert" und 86 Soldaten teils getötet teils blessiert worden.

Ab Nr. 15 (Freitag 1. Oktober) beginnt unter "Rückblicke in die Vergangenheit" von dem Mühlbacher Pfarrer Franz Kunz eine Reihe "Das Merkwürdigste aus der Chronik der Stadt Eger, geschrieben von dem Magister Joh. Goldhammer, Schulmeister daselbst im Jahre 1584", die bis ins neue Jahr fortgeführt wird.

Lebenshilfe - Humoristisches
Wie heute in den Wochendbeilagen der Tageszeitungen oder in den Frauenzeitschriften wird "Lebenshilfe" angeboten in Erziehungs- oder Eheproblemen; halb ironisch, halb ernsthaft wird dies in "gereimter" Form mit den "Zehn Geboten für Ehefrauen" geboten; diese werden ergänzt durch "Die zweiten 10 Gebote für Ehemänner" in einer späteren Ausgabe.

Übrige Nachrichten
Außer für die unterhaltende Erzählung der ersten Seite steht für das Übrige nicht viel Raum zur Verfügung, so fallen die außergewöhnlichen Berichte sofort durch ihre Länge auf. In Nr 4, 16. Juli, wird aus Wildstein berichtet, daß am 4. Juli "Ihre Majestät die Königinn von Baiern und Se. kaiserl. Hoheit der Erzherzog Stephan unseren Ort mit höchstihrem Besuche" beehrten "und wurden von dem Gutsbesitzer Oswald Ritter von Wilhelm schon an der Grenze des Dominiums ehrerbietigst empfangen, welcher die erlauchten Gäste nach dem Schlosse Unterwildstein geleitete. Hier begrüßten weithallende Pöllerschüsse die Ankunft der Allerhöchsten Herrschaften, welche, nachdem Höchstdieselben von den Beamten die geziemende Huldigung dargebracht wurde, nach dem anmuthigen, vom Herrn Ritter von Wilhelm auch heuer mit bedeutendem Kostenaufwande verschönerten Anlage des Skedelberges sich begaben ... Spät gegen Abend kehrten die erlauchten Gäste, von den Segenswünschen der Bewohner Wildsteins, denen dieser Tag der Freude niemals aus dem Gedächtnisse schwinden wird, bis an die Grenze des Gutes geleitet, nach dem nahen Franzensbade zurück."

In Asch freut man sich über die bevorstehende Ernte: "Die Aussicht auf eine gesegnete Getreide- und Erdäpfelernte belebt die Hoffnung aller Bewohner unseres Gebietes. Uippiger sahen wir unsere Saaten in den letzten zehn Jahren nicht stehen, und die Erdäpfel sind so frisch und ihre Knollen so gesund, daß jede Befürchtung einer abermaligen Fäulniß dieser wohlthätigen Frucht von selbst schwindet. Auch an Obst leiden wir keinen Mangel; Kirschen und Erdbeeren sind um billige Preise zu haben, und Alles berechtigt zu der Erwartung, daß der strafbare Getreidewucher, welcher auf die Preise aller übrigen Lebensmittel und Erzeugnisse nachtheiligen Einfluß nimmt, bald von sich selbst aufhören wird."

In Nr. 7 konnte über die Einweihung des Schulhauses in Mühlbach berichtet werden. "Seit dem 12. Mai 1823, an welchem Tage das alte baufällige Schulhaus niedergerissen wurde, besaß Mühlbach kein Schulhaus mehr, und die Schule mußte in gemietheten Wohnungen und eine zeitlang im Pfarrhause selbst abgehalten werden. Endlich beschloß der löbl. Magistrat von Eger, als Patron, ein neues Schulhaus zu bauen, und ließ, nach erhaltener hoher Bewilligung, am 15. Juni 1846 den Grundstein legen. Schon nach einem Jahre stand das schöne und solid gebaute Schulgebäude, mit einem Kostenaufwande von 5461 fl 58 kr C.M., vollendet da, und am 25. desselben Monats wurde die Weihe dieses Denkmales des guten Eifers und der Liebe für die Jugend von der Seite des gnädigen Patrons feierlichst vorgenommen. ... Uibrigens beseelte alle Theilnehmer dieses Festes der Eine heilige Wunsch: "Heil dem Lande, wo Fürst und Volk, wo die Diener des Staates und der Kirche von so schönem Eifer für Gottes Ehre und Menschenwohl erglühn!"

Eine besondere Auszeichnung wurde Vincenz Pröckl für seine Geschichte "Eger und das Egerland" zuteil: Er erhielt von Erzherzog Stephan eine Brillant-Busennadel bei der Übergabe des Werkes.

In der Pränumerations-Ankündigung versicherte der Herausgeber Eypert den Herren Pränumeranten (= Vorauszahler), "daß ich stets dafür Sorge tragen werde, daß alle mir von der hohen Landesstelle genehmigten Rubriken mit dem Interessantesten und Nützlichsten ausgefüllt werden, dafür bürgt schon der Umstand, daß ich mein eigenes Interesse nur dadurch am wirksamsten fördere, wenn ich die P. T. Herren Pränumeranten vollkommen zufrieden stelle." Letzteres ist dem Herausgeber offensichtlich gelungen.

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