Die deutsche evangelische
Kirchen- und Schulgemeinde A. B.
der Friedenskirche Eger
1862-1946
von Edith Bergler, Bayreuth

Im österreichischen Eger (heute Cheb) begann die Reformation im Jahr 1564. Von da an war die St. Niklaskirche bis 1627 evangelisch.

1626 hatte in der Stadt die Gegenreformation eingesetzt, die Kaiser Ferdinand II. mit äußerster Härte betrieb. Scharenweise verließen Egerer Bürger ihre Heimat, weil sie dem evangelischen Glauben nicht abschwören wollten. Im Jahr 1672 war Eger wieder katholisch, aber sehr arm.

In Asch (heute AŠ) und Fleißen (heute Plesná) hatte der Protestantismus aber nicht ausgerottet werden können. Daher erließ Kaiser Josef II. 1781 das Toleranzpatent, das die Duldung des evangelischen Glaubens neben dem katholischen beinhaltete.

Im Egerland lebte der Protestantismus erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder auf, als im Zuge der Industrialisierung Industrieunternehmen sowie die kgl. sächsischen und kgl. bayerischen Staatsbahnen Fachkräfte, Arbeiter und Beamte aus Sachsen und Oberfranken mitbrachten, die zumeist evangelisch waren. Das österreichische Eger entwickelte sich zum Eisenbahnknotenpunkt mit einem bayerischen Bahnhof.

In der Stadt gab es aber keine evangelische Gemeinde. Daher besuchten die Protestanten die Gottesdienste in Schirnding (Bayern), Schönberg (Sachsen), Asch (heute Aš) und Fleißen (heute Plesná) sowie ab 1855 in Waldsassen (Bayern).

Am 8. April 1861 erließ Kaiser Franz Joseph I. das Protestantenpatent, das die Gleichberechtigung des Protestantismus neben dem Katholizismus festschrieb. Jetzt konnten wieder evangelische Kirchengemeinden gegründet werden.

1862, 11. November:

Gründung der selbständigen Evangelischen Kirchen- und Schulgemeinde A.B. in Eger mit Hilfe des Vereins der Gustav-Adolf-Stiftung (197 Gemeindeglieder); zu ihrem Einzugsbereich gehörten auch die damaligen Gerichtsbezirke Eger, Plan (heute Planá), Tepl (heute Teplá), Tachau (heute Tachov) und ein großer Teil des Bezirks Falkenau (heute Sokolov). Die Kirchengemeinde war von Anbeginn eng mit dem Egerer Bahnhof verbunden.

1863, 13. September:

Installation des ersten Pfarrers von Eger :Adam Marian Ithamar Koch, geb. 11. März 1834 in Bayreuth, St. Johannis, bis dahin Vikar in Waldsassen

1863, 13. September: Weihe des Betsaals im Kreisgerichtsgebäude, Ritter-von-Forster-Straße (heute Lidická).

1865: Bau des Pfarrhauses, das auch als Schulhaus dient, in der Schmeykalstraße (heute 26. Dubna); gebaut nach den Plänen des Ostbahn-Direktions-Architekten H. v. Hügel, nach dessen Plänen zwischen 1862 und 1865 auch der Egerer Bahnhof entstand. Es diente anfänglich auch als Schulhaus der Gemeindeschule.

1865, 19. Oktober: Eröffnung der Evangelischen Schule, Lehrer und Kantor Paul Rosenbauer aus Voitsumra, Oberfranken; ab 14. Mai 1869 laut österreichischem Reichsvolksschulgesetz Privatschule; 300 Gemeindeglieder.

1868, 30. August:Weihe des neuen Betsaals im Haus des Johann Gottfried Opitz in der Opitzstraße (heute Sládkova).

1869, 10. Juni:Grundsteinlegung der Friedenskirche, Baumeister Adam Haberzettl aus Eger.

Die rein deutsche Stadt hatte 13.456 Einwohner.

1870: Guß der drei Glocken der Friedenskirche in den Vereinten Gußstahlwerken in Bochum (Deutschland).

1871, 5. Oktober: Weihe der Friedenskirche (470 Gemeindeglieder; 75 Schulkinder: 2 Österreicher, 46 Sachsen, 26 Bayern, 1 aus anderen deutschen Staaten)

1874, 11. Mai: Pfarrer Koch wird Senior des Seniorats Westböhmen A.B.

1890, 19. März: Pfarrer Koch wird Superintendent der Böhmischen Superintendenz A.B. 1.350 Gemeindeglieder; die Stadt hat 18.658 Einwohner, davon 73 Tschechen.

1894, 17. September: Bezug des eigenen Schulgebäudes neben der Kirche am Goethering (heute Obrněné brigády), (140 Schulkinder: 21 Österreicher, 60 Sachsen, 48 Bayern, 11 aus anderen deutschen Staaten); 1.600 Gemeindeglieder.

1900, 24. Februar: Pfarrer Koch stirbt. 1.800 Gemeindeglieder; die Stadt hat 23.582 Einwohner, davon 158 Tschechen;

1901, 24. Februar: Installation des zweiten Pfarrers der Friedenskirche: Gustav Fischer, geb. 30. November 1873 in Fleißen (heute Plesná), vorher Superintendentialvikar bei Koch; 1.950 Gemeindeglieder

1903: Ab diesem Jahr monatliches Erscheinen des "Evangelischen Gemeindeblattes für Eger und Umgebung"; zur Gemeinde der Friedenskirche gehörten 144 Ortschaften;

1908: Anbau am Schulhaus (267 Schulkinder: 47 Österreicher, 81 Sachsen, 116 Bayern, 23 aus anderen deutschen Staaten); seine damalige Gestalt ist bis heute erhalten.

1908, 30. März: Franzensbad (heute Františkovy Lázně) wird Filialgemeinde.

1909: Eröffnung des Deutschen Evangelischen Schülerheims für 24 Schüler, Felix-Dahn-Straße Nr. 39 (heute Mánesova); 7.000 qm Grund; 2.375 Gemeindeglieder.

1911, 3. August: Rektor Paul Rosenbauer stirbt. Sein Nachfolger wird Leopold Harlfinger. 2.375 Gemeindeglieder; die Stadt hat 26.682 Einwohner, davon 133 Tschechen;

1912: 50-jähriges Bestehen der Gemeinde der Friedenskirche; 2.490 Gemeindeglieder; fünfklassige Schule mit 180 Schulkindern (69 Österreicher, 33 Sachsen, 68 Bayern, 10 aus anderen deutschen Staaten).

Lokalstatut:

Die evangelische Pfarrgemeinde A. B. in Eger setzte sich aus der Muttergemeinde in Eger und der Filialgemeinde in Franzensbad (heute Františkovy Lázně) zusammen. Etwa 1/3 der steuerpflichtigen Haushaltsvorstände der Kirchengemeinde in Eger waren Bahnbedienstete aus Bayern und Sachsen.

Der Kirchensprengel der Muttergemeinde Eger umfaßte Orte, die im k. k. Gerichtsbezirk Eger sowie im k. k. Gerichtsbezirk Falkenau lagen.

Im Gerichtsbezirk Eger:

Orte, die es heute noch gibt.

Die Prozentzahl in der Klammer bezieht sich, nach Jiři Rak (Beitrag zum Kulturkataster des Landkreises Eger, Egerer Landtag, Amberg; noch nicht erschienen), auf die intakte Egerländer Bausubstanz, die nach der Vertreibung der Deutschen (1945/46) verkam und abgerissen wurde.

Altalbenreuth (heute Mýtina, 79%), Gosel (heute Kozly, 75%), Oberlindau (heute Horní Lipina, 73%), Oberlosau (heute Horní Lažany, 52%), Taubrat (heute Doubrava, 30%), Unterlosau (heute Dolni Lažany, 33%), Altkinsberg (heute Starý Hrozňatov, 63%), Neukinsberg (heute Nový Hrozňatov, 70%), Dürnbach (heute Potočičtě, 37%), Au (heute Loužek, 27%), Kornau (heute Obilná, 57%), Sebenbach (heute Chvoječná, 38%), Tipessenreuth (heute Trpes, 75%), Eger (wegen Bombenschäden keine genaue Prozentangabe möglich), Dölitz (heute Dolnice, 20%), Lehenstein (heute Chlumeček, 6%), Kammerdorf (heute Lužná, 60%), Riehm (heute Hůrka, 76%), Lindenhau (heute Lipová, 52%), Stabnitz (heute Stebnice, 67%), Treunitz (heute Dřenice, 86%), Gehaag (heute Háje, 21%), Schloppenhof (heute Šlapany, 59%), Großschüttüber (heute Velká Sitboř, 46%), Grün (heute Zelená, 76%), Konradsgrün (heute Salajna, 35%), Kulsam (heute Odrava, 10%), Lappitzfeld (heute Lipoltov, 50%), Liebenstein (heute Libá, 42%), Oberschön (heute Horní Dvory, 40%), Reichersdorf (heute HradiŠtě, 24%), Unterschön (heute Dolny Dvory, 17%), Mostau (heute Mostov, 54%), Dobrassen (heute Dobrose, 17%), Klingen (heute Hlinová, 58%), Mühlbach (heute Pomezí, 84%), Liebeneck (heute Tune, 50%), Pirk (heute Bříza, 71%), Unterkunreuth (heute Dolni Hraničná, 50%), Zettendorf (heute Cetnov, 87%), Nebanitz (heute Nebanice, 40%), Förba (heute Vrbová, 50%), Hartessenreuth (heute HartouŠov, 33%), Knöba (heute Hněvín, 45%), Palitz (heute Palič, 51%), Unterpilmersreuth (heute Dolni Pelhřimov, 65%), Kreuzstein (heute Podhoří, 70%), Scheibenreuth (heute Okrouhlá, 50%), Schöba (heute Všeboř, 32%), Mies (heute Mechová, 100%), Pograth (heute Podhrad, 51%), Unterlindau (heute Dolni Lipina, 60%), Seeberg (heute Ostroh, 62%), Seichenreuth (heute Taborská, 41%), Trogau (heute Drahov, 75%), Thurn (heute Tuřany, 43%), Rolessengrün (heute NavrŠí, 67%), Trebendorf (heute Třebeň, 48%), Aag (heute Doubí, 45%), Harlas (heute Lesinka, 50%), Hart (heute Lesina, 40%), Honnersdorf (heute Jindřichov, 30%), Kötschwitz (heute Chocovice, 71%), Langenbruck (heute Dlouhé Mosty, 35%), Oberndorf (heute Horní Ves, 43%), Tirschnitz (heute TrŠnice, 21%), Wogau (heute Vokov, 70%), Gaßnitz (heute Jesenice, 96%), Schirnitz (heute Žírnice, 90%)

Orte, die nach der Vertreibung der Deutschen (1945/46) völlig zerstört wurden:

Boden (Podmeří), Ulrichsgrün (Oldřichov), Schwarzenteich (Černý Rybník), Eichelberg (Dubina), Wies b. Heiligkreuz, Schönlind (Krásná Lípa), Matzelbach (Maškov), Fischern, Markhausen (Pomezná), Ratsam, St. Anna (Svatá Anna), Oberkunreuth (Horní Hraničná), Neuhof (Nový Dvůr), Tobiessenreuth (Dobrošov), Oberpilmersreuth (Horní Pelhřimov)

Im Gerichtsbezirk Falkenau:

Orte, die es heute noch gibt:

Die ursprüngliche Egerländer Bausubstanz wurde nach der Vertreibung der Deutschen (1945/46) unterschiedlich stark zerstört. Genaue Prozentzahlen liegen hier nicht vor.

Arnitzgrün (heute Arnoltov), Daßnitz (heute Dasnice), Haberspirk (heute Habartov), Katzengrün (heute Kačerov), Littengrün (heute Litov), Königsberg (heute Kynšperk), Liebautal (heute Libavské údolí), Kogerau (heute Kolová), Kreinhof (heute Dvorečky), Maria-Kulm (heute Chlum n. O.), Mülln (heute Stedrá), Oberneugrün (heute Horní Nivy), Pochlowitz (heute Hor. Pochlovice), Kotigau (heute Chotikov), Leibitsch (heute Liboc), Mariahilfberg (heute Svat&aacte; Maří Domocna), Ruditzgrün (heute Rudolec), Schaben (heute Sabina), Schönbrunn (heute Studánka), Steinhof (heute Kamenny), Ebersfeld (heute Podlesí), Golddorf (heute Zlatá), Bleistadt (heute Oloví), Gossengrün (heute Krajková), Horn (heute Hory), Leopoldshammer (heute Leopoldvy Hamry), Bernau (heute Bernov), Liebenau (heute Libnov), Loch (heute Dolina), Marklesgrün (heute Markvarec), Pichlberg (heute Boučí), Neuhäuser (heute Nové Domy), Plumberg (heute Květná), Prünles (heute Studenec), Pürgles (heute Hrádek), Annadorf (heute Anensá Ves), Robesgrün (heute Radvanov), Wehrt (heute Luh n. Svatavou), Hartenberg (heute Hřebeny), Josefsdorf (heute Josefov)

Orte, die nach der Vertreibung der Deutschen (1945/46) völlig zerstört wurden:

Liebau (Libava), Tiefengrün (Tymov), Wöhr (Ostrov),Perglas (Chlumek), Rauhenkulm, Reißengrün (Rusov), Lindenhammer,

 

Predigtstationen innerhalb der Muttergemeinde:

Marienbad (heute Mariánské Lázně): Seit Gründung der Gemeinde in Eger im Jahr 1862 Tochtergemeinde; ab August 1881 selbständige Pfarrgemeinde.

Falkenau (heute Sokolov): Predigtstation, gegründet am 7. Mai 1899; ab 13. Oktober 1907 eigenständige Gemeinde.

Predigtstationen, die im Jahr 1912 betreut wurden:

Königsberg (heute Kynšperk), gegründet am 14. Mai 1899

Bleistadt (heute Oloví), gegründet am 30. Juni 1901

Haberspirk (heute Habartov), gegründet am 13. April 1907

Schloppenhof-Altkinsberg (heute Šlapany-Starý Hrozňatov), gegründet 1900

Aufgelistete Orte geordnet nach Predigtstationen:

Predigtstation Königsberg (heute Kynšperk):

Orte, die es heute noch gibt:

Arnitzgrün (heute Arnoltov), Daßnitz (heute Dasnice), Katzengrün (heute Kačerov), Königsberg (heute Kynšperk), Kogerau (heute Kolová), Liebautal (heute Libavské údolí), Pochlowitz (heute Hor. Pochlovice), Kotigau (heute Chotikov), Leibitsch (heute Liboc), Mariahilfberg (heute Svatá Maří Domocna), Ruditzgrün (heute Rudolec), Schaben (heute Sabina), Schönbrunn (heute Studánka), Steinhof (heute Kamenny Dvůr), Ebersfeld (heute Podlesí), Golddorf (heute Zlatá), Kreinhof (heute Dvorečky), Mülln (heute Stědrá), Oberneugrün (heute Horní Nivy)

Folgende Orte wurden nach der Vertreibung der Deutschen (1945/46) zerstört :

Liebau (Libava), Tiefengrün (Týmov), Wöhr (Ostrov), Perglas (Chlumek)

Predigtstation Bleistadt (heute Oloví):

Orte, die es heute noch gibt:

Bleistadt (heute Oloví), Gossengrün (heute Krajková), Horn (heute Hory), Leopoldshammer (heute Leopldovy Hamry), Bernau (heute Bernov), Liebenau (heute Libnov), Loch (heute Dolina), Marklesgrün (heute Markvarec), Pichlberg (heute Bouci), Neuhäuser (heute Nové Domy), Prünles (heute Studenec), Pürgles (heute Hrádek), Annadorf (heute Anenská Ves), Robesgrün (heute Radvanov), Wert (heute Luh n. Svatavou), Hartenberg (heute Hřebeny), Josefsdorf (heute Josefov), Plumberg (heute Květná)

Folgender Ort wurde nach der Vertreibung der Deutschen (1945/46) zerstört:

Lindenhammer

 

Predigtstation Haberspirk (heute Habartov)

Orte, die es heute noch gibt:

Littengrün (heute Litov), Maria-Kulm (heute Chlum sv. Maří)

Folgende Orte wurden nach der Vertreibung der Deutschen (1945/46) zerstört:

Haberspirk (heute Habartov), Rauhenkulm, Reißengrün

 

Predigtstation Schloppenhof-Altkinsberg (Šlapany-Starý Hrozňatov)

Orte, die es heute noch gibt:

Altkinsberg (heute Starý Hrozňatov), Neukinsberg (heute Nový Hrozňatov), Schloppenhof (heute Šlapany)

Folgender Ort wurde nach der Vertreibung der Deutschen (1945/46) zerstört:

Schönlind (Krasná Lipá)

 

Filialgemeinde Franzensbad (heute FrantiŠkovy Lázně)

Orte, die es heute noch gibt.

Die Prozentzahl in der Klammer bezieht sich, nach Jiři Rak (Beitrag zum Kulturkataster des Landkreises Eger, Egerer Landtag, Amberg; noch nicht erschienen), auf die intakte Egerländer Bausubstanz, die nach der Vertreibung der Deutschen (1945/46) verkam und abgerissen wurde.

Franzensbad (heute FrantiŠkovy Lázně, 4%), Unterlohma (heute Dolní Lomany, 28%), Oberlohma (heute Horní Lomany, 16%), Höflas Gut (heute Dvoreček, 75%), Kropitz (heute Krapice, 64%), Oedt (heute Poustka, 69%), Rossenreuth (heute Mýtinka, 50%), Schlada (heute Slatina, 24%), Reisig (heute Klest, 58%), Triesenhof (heute Střížov, 25%)

Folgende Orte wurden nach der Vertreibung der Deutschen (1945/46) zerstört:

Sichdichfür (Hledšebe), Tannenberg (Jedličná)

 

1914, 31. Oktober: Errichtung einer Diakonissen-Station

1914 - 1918: 1. Weltkrieg

1918, 28. Oktober: Gründung der Tschechoslowakei. Ihr werden die deutschsprachigen Sudetengebiete gegen den Willen der Sudetendeutschen und unter Verletzung des Selbstbestimmungrechts der Völker zugeschlagen.

1918: Abkoppelung der tschechischen und deutschen evangelischen Christen vom gemeinsamen Konsistorium in Wien, da Wien jetzt im österreichischen Ausland liegt.

1918, 17./18. Dezember:

Gründung der Českobratrská Církev Evangelická (Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder, EKBB).

1919, 25./26. Oktober:

Gründung der Deutschen Evangelischen Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien (DEKiBMS); Kirchenpräsident Dr. Dr. Erich Wehrenfennig ;

1920: Entstehung der Zweiggemeinde "Evangelisch-lutherische Gemeinde Königsberg"; sie ist der Zusammenschluß der Predigtstationen Königsberg (heute Kynšperk), Bleistadt (heute Oloví) und Haberspirk (heute Habartov)

1921, 7. März:

Pfarrer Fischer wird Senior des westböhmischen Seniorats. Er ist maßgeblicher Autor der Verfassung der DEKiBMS, in der Deutsch als Kirchen- und Unterrichtssprache festgelegt ist, obwohl Deutsch in der Tschechoslowakei keine zweite Staatssprache geworden war und daher nicht als Amtssprache galt. (Bei der Gründung des tschechoslowakischen Nationalstaats waren 3,3 Millionen Deutsche neben 6,8 Millionen Tschechen die zweitstärkste Volksgruppe im Staat, in dem es von Anfang an um die Tschechisierung der deutschen Gebiete ging.)

Die Stadt hat 27.524 Einwohner, davon 1.305 Tschechen;

1922, 23. November: Pfarrer Fischer stirbt.

 

1923, 1. Oktober:

Amtsantritt des dritten Pfarrers: Hugo Gerstberger, geb. am 8. November 1887 in Slawuta, Kreis Kiew, Ukraine; vorher Pfarrer in Neu-Sandez, Kreis Lemberg, Österreich/Polen (heute Ukraine)

1926, 30. Mai: Erste Konfirmation in Eger, bei der die Mädchen weiße Kleider trugen, weil die Konfirmation im Leben eines Christen ein Freudentag und kein Trauertag ist.

1938, 10. April: Pfarrer Gerstberger wird Kirchenrat des westböhmischen Kirchenkreises.

1938, 29. September: Angliederung der Sudetengebiete an das Deutsche Reich.

Dankgottesdienste am 2. und 9. Oktober, weil man nun mit dem "Mutterland der Reformation" vereint ist.

1939: Auflösung sämtlicher eingetragenen kirchlichen Vereine durch die Nationalsozialisten, folglich Schließung des Deutschen Evangelischen Schülerheims. Die Nationalsozialisten machen aus dem Schülerheim das "Haus der Hitlerjugend".

1939: Die Gemeinde der Friedenskirche hat 2.808 Gemeindeglieder. Die Stadt hat 35.507 Einwohner + 1290 Soldaten

1939, 1. Februar: Die Evangelische Schule wird auf Anordnung der Nationalsozialisten öffentliche Schule.

1939, 1. September: Beginn des 2. Weltkriegs

1940, 31. August: Pfarrer Gerstberger wird beim letzten Kirchentag der DEKiBMS in Gablonz (heute Jablonec) zum Oberkirchenrat ernannt und einstimmig zum Stellvertreter des Kirchenpräsidenten Dr. Dr. Erich Wehrenfennig gewählt.

Änderung der Bezeichnung der Deutschen Evangelischen Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien in: "Deutsche Evangelische Kirche im Sudetengau und im Protektorat"; Eingliederung dieser Kirche in die Deutsche Evangelische Kirche in Berlin;

1943: Die Stadt hat rd. 40.000 Einwohner

1944, 11. Juni: Pfarrer Gerstberger wird in den Zentralvorstand der Gustav-Adolf-Stiftung berufen.

1945, 20. April: Pfarrer Gerstberger und Erzdechant Wilhelm Doppl sprechen vergeblich bei Major Geißler vor, um eine kampflose Übergabe der Stadt an die Amerikaner zu erreichen.

1945, 25. April: Kirche und Pfarrhaus werden durch amerikanischen Artilleriebeschuß beschädigt.

1945, 26. April: Übergabe der Stadt durch den amtsführenden Bürgermeister Dr. Emil Janka nach Major Geißlers Tod.

1945, 4. Mai: Edvard Beneš wird Staatspräsident der Tschechoslowakischen Republik.

1945, 6. Mai: Letzter deutscher Gottesdienst in der Friedenskirche.

 

1945, 8. Mai:

Kapitulation Deutschlands, die Sudetengebiete werden wieder der Tschechoslowakei zugeschlagen. Die Deutschen dürfen ihre Friedenskirche nicht mehr betreten.

1945, Juli: Vertreibung der Bahn- und Postbediensteten mit je 25 kg Gepäck aus der Stadt, unter Mißachtung der Vorschrift, daß nur Reichsdeutsche ausgewiesen werden dürfen, die nach 1938 zugezogen waren.

Sudetendeutsche Gemeindeglieder mit ihren Familien werden vertrieben.

1945: Die ehemalige Evangelische Schule wird zum Gefängnis umfunktioniert.

1945: Landesweite Anordnung diskriminierender Maßnahmen für sämtliche Deutschen durch die tschechoslowakische Regierung, die der Idee einer kollektiven Schuld entsprangen und nicht nur mit der nationalsozialistischen Judenpolitik gerechtfertigt wurden, sondern sich auch an ihr orientierten (z. B. Kennzeichnungspflicht mit gelben oder weißen Armbinden mit einem schwarzen "N" (Němec=Deutscher).

1946, 3. Februar : Letzter deutscher Gottesdienst in der Kanzlei des Pfarrhauses

1946, 4. Februar: Pfarrer Gerstberger wird ohne Angabe von Gründen von tschechoslowakischer Polizei verhaftet und im Kreisgerichtsgefängnis von Cheb (Eger) interniert.

1946, 25. Februar bis 21. Oktober:

Vertreibung der Deutschen aus Eger in die amerikanische Zone; 31.171 Personen werden in 26 Güterzügen mit je 40 Viehwaggons zu je 30 Personen abtransportiert.

1946, 31. Mai bis 18. Oktober :

Vertreibung in die sowjetisch besetzte Zone; Aufzeichnungen über einzelne Transporte existieren landesweit nicht (Gesamtzahl 750.000), sind in der Stadt aber durch Zeitzeugen verifiziert;

1946, 28. Februar: Taufe des letzten deutschen Kindes durch Pfarrer Hartmut Röll

1946, 10. September: Pfarrer Gerstbergers Entlassung aus der Haft.

1946, 11. September: Ausweisung Pfarrer Gerstbergers mit seiner Familie nach Schwabach (Mittelfranken);

3,5 Mill. Sudetendeutsche werden nach den Dekreten des tschechoslowakischen Staatspräsidenten Edvard Beneš enteignet und entrechtet.

Über 3 Mill. dieser Rechtlosen vertrieb man aus ihrer 800 Jahre alten Heimat, weil sie Deutsche waren.

1948, 6. Mai:

Erlaß des Gesetzes (Dekret 131) über die Liquidierung der Deutschen Evangelischen Kirche Böhmens, Mährens und Schlesiens:

§1: Die Deutsche Evangelische Kirche Böhmens, Mährens und Schlesiens hat am 4. Mai 1945 aufgehört zu bestehen.

§3: Das gesamte unbewegliche und bewegliche Vermögen...geht in das Eigentum des tschechoslowakischen Staates über.

1949, 3. Dezember:

Pfarrer Gerstberger stirbt in Neu-Berich (Hessen) an den Folgen seiner Internierung. Dort ist er auch begraben.

Das Schicksal der Gemeinde der Friedenskirche Eger, eingebettet in die Geschichte der Stadt und des Landes, siehe Literatur über das Egerland / Bergler Edith.

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