Der Winterkönig

und der Mythos von der

Schlacht am Weißen Berg

von Hermann Stock

Vorbemerkung: Die Pfalz (Pfalzgrafschaft bei Rhein, Kurfürstentum), auch Kurpfalz, Rheinpfalz oder untere Pfalz genannt, übertrug 1214 Kaiser Friedrich II. an Ludwig I. von Bayern. 1329 bestimmte der wittelsbachische Hausvertrag von Pavia die Trennung der unteren Pfalz und der oberen Pfalz (Oberpfalz) im bayerischen Nordgau, die der älteren pfälzischen Linie zugesprochen wurden, von Bayern, das an die jüngere bayerische Hauptlinie kam; die Kurwürde sollte zwischen der Pfalz und Bayern wechseln, was aber die Goldene Bulle 1356 zugunsten der Pfalz aufhob.

Friedrich V., Kurfürst (1610 - 1620), geb. Amberg 26.8.1596, gest. Mainz 29.11.1632, Schwiegersohn Jakob I. von England und Schottland, Führer der protestantischen Union, nahm 1619 die böhmische Königskrone an (Friedrich I., der Winterkönig). Nach der Niederlage am Weißen Berg (1620) floh er in die Niederlande, wurde 1621 geächtet. Die Kurwürde fiel an Maximilian I. von Bayern.

Familie und Erziehung

Im Januar 1596 reiste Kurfürst Friedrich IV. von Heidelberg in die Obere Pfalz; während dieses Aufenthaltes brachte seine Gemahlin Louise Juliane auf dem Jagdschloß Deinschwang am 26. August 1596 ihren ersten Sohn zur Welt, den späteren Friedrich V. Wegen einer Pestwelle kehrte der kurfürstliche Hof vorerst nicht nach Heidelberg zurück, so daß Friedrich seine frühe Kindheit bis 1598 in der Oberen Pfalz verbrachte.

Väterlicherseits bestanden zu fast allen bedeutenden Fürstenhäusern im Heiligen Römischen Reich familiäre Beziehungen. Die Mutter war die Tochter Wilhelms I. von Oranien (Statthalter von Holland, Zeeland und Utrecht, + 1584) und der Charlotte von Bourbon-Montpensier. Friedrich bekam noch fünf Geschwister, von denen einige in den französischen Hochadel einheirateten. So war Friedrich auch ein Neffe des Fürsten von Sedan, an dessen Hof er auch erzogen wurde, denn die Eltern legten Wert auf eine streng kalvinistische Erziehung, die Friedrich dort erhielt. Darüber hinaus sollte er - um seiner zukünftigen Rolle als Kurfürst gerecht werden zu können - mit der französischen Hofkultur vertraut gemacht werden und die französische Sprache erlernen; so sollte er auch auf eine Verheiratung mit einer ausländischen Fürstentochter vorbereitet werden.

Als am 19. September 1610 Friedrich IV. im Alter von nur 36 Jahren starb, mußte Friedrich früher als geplant nach Heidelberg zurück. Nun begann eine Auseinandersetzung um die Vormundschaft fur den noch Unmündigen zwischen dem lutherischen Pfalzgrafen von Neuburg, der als nächster männlicher Verwandter nach der Goldenen Bulle von 1356 dazu berechtigt war, und dem kalvinistischen Pfalzgrafen Johann II. von Pfalz-Zweibrücken, der schneller zur Stelle und vom Vater dazu ausersehen war. Kaiser Matthias hielt sich aus dem Streit heraus, erteilte Friedrich schon 1613 das Lehen; mit der Erreichung der Volljährigkeit 1614 war die Angelegenheit eigentlich erledigt.

Die englische Hochzeit

Eine entsprechende Heiratspolitik sollte das kalvinistische Bekenntnis der Kurpfalz sichern. Friedrichs Schwestern heirateten nach Brandenburg und Zweibrücken, eine dritte war dazu ausersehen, Gustav Adolf von Schweden zu ehelichen. Friedrichs Gattin sollte Elizabeth Stuart werden, die Tochter Königs Jakob I. von England. Schwierigkeiten ergaben sich aus der Ansicht des englischen Hofes, daß ein "Pfalzgraf" nicht standesgemäß sei, da dieser Titel dem englichen Königshof fremd war. Der Hofmeister des Kurprinzen reiste nach London, um die Vorbehalte auszuräumen; gleichzeitig bemühte sich auch Friedrichs Verwandtschaft in Den Haag und Sedan, das Heiratsprojekt voranzubringen. So war man sich schon 1612 über die Bedingungen des Heiratsvertrages einig, obwohl es noch immer Widerstände gegen die Verbindung gab. Die Verlobung erfolgte am 27. Dezember 1612; der Heiratsvertrag wurde am 7. Januar 1613 ratifiziert. Die Hochzeitsfeierlichkeiten begannen am 21. Februar 1613, am 24. war die Trauung. Am 1. Januar 1614 gebar die neue Kurfürstin einen Sohn, der Friedrich Heinrich getauft wurde; als Kurprinz und möglicher englischer Thronfolger stand ihm eine glanzvolle Zukunft offen.

Kurfürst am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges

Seit Albrecht II. (1438/39) wurde traditonsgemäß der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation aus der Familie der Habsburger gewählt; Österreich mit Böhmen und Nordwestungarn bildete das Landesfürstentum des Kaisers, jedenfalls in der Regel, und wenn man von den innerdynastischen Teilungen und Streitigkeiten, zum Beispiel unter Rudolf II., absieht. Im Reich hatte der Kaiser den Dauerkonflikt zwischen katholischen und protestantischen Reichsständen durchzustehen; andererseits befand er sich in dem Interessenkonflikt auf der Seite der Katholiken. Nun regierte die habsburgische Dynastie nicht nur in den deutschen Erblanden nebst Böhmen und Ungarn, sondern auch in Spanien und Portugal, im größten Teil von Italien, in Burgund und in den südlichen Niederlanden. So wurde Österreich durch seine dynastischen Verbindungen zwangsläufig von den Spannungen zwischen den großen europäischen Mächten mitbetroffen, was natürlich auch umgekehrt galt.

In den Erb- und Kronländern der deutschen Habsburger gärte es seit den neunziger Jahren des 16. Jahrhunderts. Zerwürfnisse zwischen Kaiser Rudolf II. und seinen gegen ihn rebellierenden Brüdern bedrohten das Land in seinem Bestand. Der lange Kreig mit den Türken (1593 - 1606) belastete Nordungarn und Österreich. Innerhalb der deutschen und böhmischen Länder meldeten die in starken Landesverbänden zusammengeschlossenen Stände laut und vernehmlich Ansprüche auf Mitregierung an. Die Konflikte zwischen dem Landesherrn und den eingesessenen Adel verschärften sich durch den konfessionellen Gegensatz, besonders in Böhmen, Nieder- und Oberöstereich. Die Stände waren in der Mehrzahl evangelisch und forderten deshalb Religionsfreiheit.

In der Hochspannung dieser Situation stand seit 1612 die Frage der Nachfolge des Kaisers Matthias zur Debatte; dieser war kinderlos wie die übrigen vier Brüder; dies führte zu der unkonventionellen Regelung, daß, unter Umgehung der zunächst erbberechtigten Brüder des Kaisers, ein Vetter von ihnen, der knapp vierzigjährige Erzherzog Ferdinand von Steiermark, zum Nachfolger von Matthias bestimmt wurde. Während Kaiser Matthias den Übergang der Regierung an seinen Nachfolger schrittweise vorbereitete, wurde Ferdinand nacheinander zum König von Böhmen (1617) und Ungarn (1618) gewählt.

Böhmen war 1526 zusammen mit Ungarn an das Haus Habsburg gefallen (Ferdinand I. + 1564, dt. König u Kaiser, heiratete 1521 Anna von Böhmen, + 1547); es war ein Wahlreich, in dem die Stände den Herrscher wählten und ihm nach erfolgter Wahl zu huldigen pflegten. Doch stand seit 1526 fest, daß der in den österreichischen Erblanden regierende Landesfürst zum böhmischen König gewählt wurde. Was die kirchlich-religiöse Situation anging, so gab es in Böhmen zu Beginn des 17. Jahrhunderts fünf größere Bekenntnisse: Utraquisten, Böhmische Brüder, Calvinisten, Lutheraner und Katholiken. Unter den Ständen nahm der hohe Adel eine führende Stellung ein. Ein beträchtlicher Teil des Adels und der städtischen Bürgerschaften war evangelisch, und zwar meist utraquistisch oder lutherisch, eine nicht geringe Zahl der politischen Führungsspitze calvinistisch. Der König mußte auf die Stände Rücksicht nehmen und deren Religionsbekenntnisse respektieren; Kaiser Rudolf II. hatte das 1609 im Majestätsbrief getan. Auch Kaiser Matthias hatte den Ständen Zugeständnisse in Dingen der Religionsausübung, des Kirchenbaues und des Kirchenbesitzes gemacht. 1617 bauten böhmische Prostestanten eine evangelische Kirche auf einem Grundstück, das der katholische Kirche gehörte. Die Katholiken reagierten mit rechtlichen und politischen Schritten und erwirkten, daß die Kirche wieder abgerissen wurde. Die Protestanten fühlten sich herausgefordert und beriefen die evangelischen Stände zu einer Protestversammlung nach Prag. Der Kaiser verbot zwar diese Versammlung, aber die Stände kümmerten sich nicht darum und organisierten im Gegenteil eine eigene ständische Regierung, was Revolution und Krieg bedeutete.

Zwei hohe kaiserliche Regierungsbeamte, Jaroslaw Martinitz und Wilhelm Slawata, wurden am 23. Mai 1618 von den Empörern aus ihrem Büro auf dem Hradschin aus dem Fenster in die Tiefe geworfen. Die Revoltierenden beriefen einen Landtag ein, dieser konstituierte ein "Regiment" von dreißig Direktoren und übertrug ihm die Landesverwaltung; dieses stellte sofort ein Heer auf und übertrug das Kommando an den Grafen Matthias von Thurn. Im folgenden Jahr starb Kaiser Matthias; dies nahmen die Rebellen zum Anlaß, noch einige Schritte weiterzugehen. Sie schlossen sich im Juli 1619 auf einer Versammlung in Prag mit den Ständen der zur Krone Böhmens gehörenden Nebenländern Mähren, Schlesien, Ober- und Niederlausitz zu einer Art von ständischem Bundesstaat, Konföderation genannt, zusammen und gaben sich mit der Konföderationsakte vom 31. Juli 1619 eine Verfassung. Die Akte regelte die anstehenden kirchlichen und politischen Grundfragen und traf zum Zwecke der Landesverteidigung Bestimmungen über das Heerwesen und seine Finanzierung. Sie richtete sich gegen die Katholiken und begünstigte alle nichtkatholischen Bekenntnisse. Die Rechte des Königs wurden beschränkt und unterwarf ihn in wichtigen politischen Entscheidungen dem Votum der Stände. Am 16. August verbündeten sich die Konföderierten mit den Ständen von Ober- und Niederösterreich und erklärten die 1617 erfolgte Wahl Ferdinands für ungültig; am 22. August setzten sie ihn ab. Den calvinistischen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz hielten sie für den geeigneten Kandidaten, da der von der Mehrheit der Böhmen bevorzugte Kurfürst Johann Georg von Sachsen wissen ließ, daß mit ihm nicht zu rechnen sei. Am 26. August 1619 wählten die Stände den pfälzischen Kurfürsten zum König; dieser nahm die Wahl an und wurde am 4. November in Prag gekrönt. Am 28. August wurde der abgesetzte Ferdinand in Frankfurt von den Kurfürsten - außer dem Kurfürsten von der Pfalz - zum Kaiser des Reiches gewählt.

Von Heidelberg nach Prag

Die protestantische Union war eben in einen nicht absehbaren Streit mit dem Speyerer Bischof verwickelt, als die Nachricht vom Prager Fenstersturz Heidelberg am 2. Juni 1618 erreichte. Die Pfälzer betrieben ein doppeltes Spiel. Insgeheim organisierte Christian von Anhalt Hilfe für die böhmischen Aufständischen, während offiziell der Kurfürst zwischen Kaiser und Prag vermitteln sollte; im Juli 1618 baten die böhmischen Stände den pfälzischen und sächsischen Kurfürsten offiziell darum. In Briefen an seinen Schwiegervater gibt Friedrich V. die Schuld an dem Konflikt in Prag den Jesuiten und der spanischen Partei am Wiener Hof. Wie seine Räte war also der Kurfürst fest davon überzeugt, daß die Habsburger in Böhmen mit der Ausrottung des Protestantismus beginnen wollten. Kaiser Matthias zeigte sich bereit, den Streit friedlich beizulegen, die Verhandlungen scheiterten jedoch. Ab Herbst 1618 legte man in Prag keinen Wert mehr auf eine gütliche Einigung mit dem (habsburgischen) Kaiser und wollte Ferdinand von Steiermark als König absetzen.

Als am 28. August 1619 Ferdinand als Nachfolger von Matthias als Ferdinand II. in Frankfurt zum neuen Kaiser gewählt wurde, traf noch am selben Tag die Nachricht von der Wahl des Pfälzers zum neuen Böhmenkönig und der Absetzung Ferdinands als böhmischer König ein. Friedrich war nicht persönlich zum Wahltag nach Frankfurt gereist. "Ich hätte nimmermehr gemeint, daß es soweit kommen sollte, das ist ein gewagtes", soll Friedrich als erste Reaktion auf die Vorgänge in Prag ausgerufen haben. Noch von Frankfurt schickten die pfälzischen Räte ein Gutachten in die Oberpfalz, in dem sie von der Annahme der Wahl abrieten. Bis zum 28. September 1619 entschied sich Friedrich, dem "willen des Allmechtigen nicht zu widerstreben" und im "nahmen Gottes diese ordentliche Vocation" anzunehmen. Tatsächlich waren es religiöse Gründe, die Friedrich zu dieser folgenschweren Entscheidung bewogen hatten; ein kurz vor seinem Aufbruch nach Prag verfaßtes Gebet stilisiert Friedrich zu einem "Kreuzritter des Protestantismus".

Der Empfang in Prag war herzlich; am 4. November 1619 war die Krönung im Veitsdom. Doch bald entwickelten sich Unstimmigkeiten zwischen dem neuen König und seinen Untertanen. Weder Friedrich noch seine Frau beherrschten die tschechische Sprache, auch der französische Lebensstil befremdete in Prag. Schlimmer noch war, daß der Hofprediger mit Gewalt den Kalvinismus im Land durchsetzen wollte. Nach dem Bildersturm im Veitsdom im Dezember 1619 klagte Friedrich, daß man seine Befehle nicht ausführe. Im Januar 1619 begab er sich auf Huldigungsfahrt in die Kronländer Mähren, Schlesien und die beiden Lausitzen. Um den Prager Bildersturm vergessen zu machen, besuchte er auch katholische Kirchen und Klöster, um zu zeigen, daß ihm der religiöse Fanatismus seines Hofpredigers fremd war. Allerdings wurde ihm auch die Probleme seines neuen Königreiches vor Augen geführt. Hohe Würdenträger und Städte verweigerten die Huldigung.

Auch von Außen kamen nur schlechte Nachrichten; sein Schwiegervater mißbilligte das Verhalten Friedrichs öffentlich; die Union erklärte, sich aus der böhmischen Sache heraushalten zu wollen. Die Verwaltung der Stammländer meldete die Zahlungsunfähigkeit, nachdem Friedrich mehr als zwei Tonnen Gold nach Böhmen gebracht hatte.

Die militärische Auseinandersetzung

Kaiser Ferdinand II. hatte nicht die Absicht, die Dinge treiben zu lassen; er sicherte sich die Unterstützung Spaniens und des Papstes, die ihn finanziell unterstützten; der Statthalter der Niederlande, Erzherzog Albrecht, schickte spanisch-niederländische Truppen; gegen Zusicherung territorialen Gewinns - die beiden lausitzischen Markgrafschaften - gewann er den evangelischen Kurfürsten von Sachsen; auch die Liga - die politisch-militärische Vereinigung der katholischen Reichsstände - verbündete sich mit ihm. Ihr Gegenstück, die von den evangelischen Reichsständen getragene Union, wollte sich den drohenden Auseinandersetzungen entziehen; ihre Mitglieder konnten sich zu keiner einheitlichen Willensbildung aufraffen; nur einige wollten sich für die aufständischen Böhmen einsetzen, andere wollten strikt neutral bleiben wie Nürnberg und Bayreuth, wieder andere schwankten zwischen Sympathie für die Böhmen und Loyalität gegenüber dem Kaiser. In dieser Situation hielten sie es für geraten, sich mit der Liga zu verständigen, da auch König Jakob I. von England sich nicht genügend für seinen Schwiegersohn einsetzen wollte. So vereinbarten die Union und die Liga im Ulmer Vertrag vom 3. Juli 1620 ein Stillhalteabkommen des Inhalts, daß man sich gegenseitig im Reich nicht angreifen wollte, innerhalb Böhmens sich aber jeder Reichsstand sich verhalten dürfte, wie er es für gut hielt. Das bedeutete, daß die Union ihr Bundeshaupt, den Kurfürsten von der Pfalz, im Stich ließ. Auf der anderen Seite sah das Oberhaupt der bayerischen Linie der Wittelsbacher, Herzog Maximilian I., im Bündnis mit Ferdinand II. die Chance, seine Territorialmacht zu erweitern; er knüpfte seine Bereitschaft, sich an dem Krieg zu beteiligen, an Bedingungen: Er wollte Kostenerstattung für alle militärischen Ausgaben - außer die für die Verteidigung Bayerns und der Territorien der Liga notwendigen - und eine von Österreich unabhängige Führung des Heeres; Verpfändung österreichischen Landes bis zur vollständigen Kostenerstattung; Übertragung der Kurwürde von der pfälzischen auf die bayerische Linie der Wittelsbacher, territoriale Erweiterung Bayerns. Ferdinand II. blieb nichts anderes übrig, als die Forderungen zu akzeptieren.

Ferdinand V. hatte ein nur durch wenige ausländische Söldnerführer verstärktes Heer und stand fast ohne Bundesgenossen da, als die gut augerüstete Armee Maximilians I. unter Führung des Generals Tilly im Spätherbst 1620 nach Böhmen marschierte. Vor den Toren Prags am Weißen Berg stieß es am 8. November 1620 auf die Truppen Friedrichs; diese wurden mühelos in einer Stunde zerstreut.

Folgen der Schlacht am Weißen Berg

Rache an den Aufständischen
Nachdem die militärisch unbedeutende, politisch dagegen folgenreiche Schlacht der Herrschaft Friedrich ein Ende bereitete und Ferdinand II. wieder in den Besitz der Regierungsmacht gebracht hatte, rächte er sich an den Anführern des Aufstandes, deren er habhaft werden konnte. Vierzig hohe Adelige, beinahe alle Direktoren der ständischen Revolutionsregierung von 1618, wurden zum Tode verurteilt und ihre Besitzungen enteignet. Eine Anzahl war geflohen, einige hatten die Sache nicht für so schlimm angesehen und waren in Prag geblieben; einige Standesherren, die bis zur Schlacht am Weißen Berg zu den Rebellen gehalten hatten, waren rasch zur Partei des Siegers übergelaufen und konnten dadurch ihr Leben und ihr Vermögen retten. So schlug sich ein ein recht beträchtlicher Teil der in Böhmen und Mähren eingesessenen Magnaten auf die Seite der Habsburger und war bereit, sich in die neuen Verhältnisse einzufügen. Die Besitzungen derjenigen, die sich in den Augen der Sieger politisch kompromittiert hatten, wurden je nach dem Maß der Schuld gänzlich, zu einem Viertel oder auch zu einem geringeren Teil konfisziert.

Siebenundzwanzig Adelige wurden am 21. Juni 1621 vor dem Altstädter Rathaus mit dem Schwert hingerichtet.

In den folgenden Jahren gingen Böhmen und Mähren ihrer Autonomie verlustig und wurden politisch der Amtsgewalt des Monarchen direkt unterstellt. Beide Länder wurden rekatholisiert. Durch Konfiskation und Emigration ergaben sich recht beträchtliche gesellschaftliche Umschichtungen. Der Befehl, entweder katholisch zu werden oder auszuwandern, erging zuerst an die Calvinisten, dann an die Anhänger der anderen evangelischen Bekenntnisse. 1627 nötigte Ferdinand auch den nichtaufrührerischen evangelischen Adel katholisch zu werden oder zu emigrieren. Durch die 1621 einsetzende Konfiskation und großer Güter und die Emigration traten große Veränderungen in der obersten Adelsschicht ein. Manche Besitzungen fielen an Einheimische, andere an katholische Adelige aus den verschiedensten Ländern. Auf diese Weise vollzog sich eine Veränderung in der Zusammensetzung der oberen Gesellschaftsschicht, es entstand eine neue katholische Oberschicht; sie hatte einen stärkeren internationalen Einschlag und war regierungstreu. Da sie der habsburgischen Monarchie ihre Stellung verdankte, hielt sie ihrerseits zur Monarchie in Fragen der Religion und der allgemeinen Politik. ...

Wird fortgesetzt!