Aus den Ratsakten des Egerer Stadtarchivs:

Die Fastnachtsordnung vom Jahre 1576
von Dr. Karl Siegl


 

"Ein erbar rath gebieten hiemit allen und jeden gemeiner stadt burgeschaft, inwohnern und verwandten (=Untertanen): demnach nunmehr noch etzliche Wochen uff die faßnacht (die Fastnacht fiel 1576 auf den 6. März) ist, und sich allbereit ihrer viel des umblauffens in den narrenkleidern und andern unzüchtigen faßnachtspielen underwunden, daß sich menniglichen dessen soll endthalten. Aber doch acht tag vor faßnacht, was zimliche und zuleßliche kurzweiln betreffent, so soln solche einem jeden, der sich solcher gebrauchen will, vergonnt sein, doch, daß sich ein jeder in denselben bescheidenlich und vernunftig halte. Da aber einer hieruber widerwertig eerfunden und betreten wirt, so soll gegen denselben auch mit geburlicher straff vorfarn werden.

Demnach auch ein erbar rath befinden, daß undter den jungen gesellen, so den leutten zu ihren ehren und fröligkeiten mit aufwarten vor den tischen dienen, eine große unordnung einwachsen und einreißen thuet, indem sie mit trommeln, pfeifen und andern unzimlichen geberden, jauchzen und schreien, bei der nacht, zue außgang der wirdtschaften umb den ring pflegen zue gehen, dardurch allerley unordnung erfolget, auch viel ehrliebende und krancke leut sich beschwert, derwegen, so wollen wolermelter ein erbar rath hiemit ohne undterscheit durchaus, das mit trummel und pfeifen spaziren und umb den ring tredten und umbgehen bei menniglichen abgeschafft und darneben ernstlich geboten haben, daß nun hinfüro auch kein trommeln-, pfeiffen-, geichen- oder ander seittenspiel des freitags von niemanden solle gerurt, gebraucht oder geschlagen werden, sondern wollen ein erbar rath, daß menniglich angedeutts tag eingezogen und still lebe und überflüssigen fressens und saufens sich enthalte und davon abstehe. Do hierüber einer oder mehr, der sey auch wer er wolle, widerfertig erfunden und solchem verboth entgegen sich ungehorsam erweist, gegen den oder dieselben wollen ein erbar rath mit ernster straff, wie er es zu rath werden möge, ohne alle gnad vorfarn.

Es ist auch einem erbarn rath in glaubwirdige erfahrung khomben, wie bei den vorstedtern alenthalben ein böser gebrauch mit haltung nechtlicher weil der roken oder röknerin, zu welchen knecht und maidt und weibspersonen, jung und alt, von allen orten zusammen zu lauffen pflegen, auf khomben und ein zeit hero gewert haben soll. Dieweil aber die erfahrung gibt und an sich selbsten offenbahr, daß bei solchen zusammenkunften und roken anders nichts, denn gotteslestern, mordt, unzucht und allerlei anders übel und üppigkeit gestift wirdt, derowegen solches vor obrigkeit wegen ferner zuzusehen keineswegs gebüren will, also ein erbar rath dieselben hiemt gentzlichen abgeschafft und aufgehoben haben wollen. Gebieten darauf allen hauptleuten in den vorstedten ein fleißiges Aufsehen zu haben und, da von jemandt diesem verboth zuwider ein roken oder röknerin gehalten wird, den oder dieselben haußwirdt und röknerin, auch alle die jhenigen mans- und weibspersonen, so bei solchen betredten, alsbalden in verstrickung zu nehmen und dem herrn burgermeister-ambtsträger fürzubringen. Soll dann eine jede person, wie es ein erbar rath zu rath werden möcht, insonderheit mit ernst gestrafft werden. Wolle sich derowegen ein jeder vor scheden und straff selbsten bewarn. Actum den 20. Februarii ao. 1576."

Quelle: Siegl, Karl: Aus den Ratsakten des Egerer Stadtarchivs; 1927

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